Dialog im Dunkeln

“Pustekuchen” dachte ich, als wir um eine Ecke bogen, der schwere Vorhang hinter uns zuging und ich in völliger Dunkelheit stand. Noch als unserer Gruppe von 8 Concierges der hiesigen Hotellerie die Blindenstöcke in die Hand gedrückt wurden hatte ich gedacht, dass ich aufgrund meiner Weitsichtigkeit und meiner generell recht schlechten Augen einen klaren Vorteil gegenüber den anderen Teilnehmern haben müsste.

Aber nein – ich tappte, wie die anderen auch, buchstäblich im Dunkeln und rempelte dabei Kollegen an, trat anderen auf die Füße und fühlte mich generell recht hilflos. Wir alle hatten wohl damit gerechnet, zumindest einen leichten Lichtschimmer wahrnehmen zu können, so wie wenn man nachts um drei mal aus dem Bett ins Bad geht und einem der Schein des Weckers den Weg leuchtet. Hier aber lief das anders.

Wir wanderten durch verschiedene Szenerien: Einen Waldweg, einen Wochenmarkt, eine kleine Blockhütte und – hierbei stieg der Stressfaktor ins unermessliche – eine vielbefahrene Straße. All dies konnten wir lediglich mit Hilfe unserer Stöcke, der Füße und der einen freien, immer unsicher herumtastenden Hand “sehen”.  Dank Britta, unserer geduldigen und immer entspannten Führerin, schaffte es die ganze Gruppe wohlbehalten durch sämtliche Räume bis in die Bar, wo wir bei einem kühlen Getränk zusammen saßen und es dann tatsächlich zum “Dialog im Dunkeln” kam.

Als wir so in absoluter Schwärze mit einem Bier in der noch leicht verkrampften Hand dasaßen, konnten wir Britta alle Fragen stellen, die uns so zum Thema Blindheit einfielen. Sie beantwortet diese mit einer erfrischenden Offenheit und Heiterkeit, die einem bewusst machte, dass wir hier Teil ihrer Lebens-Realität waren. Sie erzähle uns davon, wie das Smartphone auch das Leben der Nicht-sehenden verändert hat, worauf sie an Bahnhöfen und Straßenkreuzungen achtet und verriet uns, dass sie selbst erst vor rund 15 Jahren erblindet war.

An dieser Stelle bekam ich einen dicken Kloß im Hals, da sie ihr Augenlicht durch dieselbe Krankheit (Retinitis pigmentosa – kurz RP) verloren hatte, die auch bei mir in jungen Jahren diagnostiziert worden war. Bisher hatte ich immer gedacht, ich hätte riesiges Glück gehabt (was natürlich auch stimmt), dass die Krankheit bei mir stagniert war und ich nicht daran erblindet bin – durch Britta habe ich jedoch erfahren, dass das nicht das Ende der Welt gewesen wäre. Darum kurz in eigener Sache:

Liebe Britta, sollte Dein Smartphone Dir gerade diesen Text vorlesen: Danke! Du hast uns – und besonders mir – im wahrsten Sinne des Wortes die Augen geöffnet.

Ich glaube, so eine Art Aha-Erlebnis hatte wohl jeder aus unserer kleinen Gruppe. Daher kann ich allen Gästen unseres Hotels nur dringlich ans Herz legen: Besuchen Sie das Dialoghaus in der Speicherstadt. Es wird Ihre Sicht auf die Dinge verändern.

Ach ja: Bei all den Wortspielen hätte ich fast vergessen zu erwähnen, dass wir in Kürze die Tickets für den Dialog im Dunkeln auch bei uns im Hotel verkaufen werden. Und bis es so weit ist, versuchen wir Ihnen zumindest bei der Buchung behilflich zu sein.. Sprechen Sie uns gerne darauf an.

Thorsten Sobiech

Chef-Concierge

 

Die Bilder wurden uns freundlicherweise von Jens Scholz zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!